Arbeitsplatz ist nicht Arbeitsplatz – ASR müssen geändert werden

Die ArbStättV von 2016 hat den Arbeitsplatz definiert. Warum das? Eigentlich weiß jeder, was ein Arbeitsplatz ist – den kennt doch jeder? Offensichtlich nicht. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gab bekannt, dass nur 8 ASR den Arbeitsplatz als Begriff richtig benutzt haben. Der Rest muss „repariert“ werden. (Dokument vom 8. Mai 2018 hier)

Dass der Gegenstand eines Gesetzes neu definiert werden muss, ist nichts Neues. Ein Problem entsteht immer dann, wenn es den Begriff schon immer gibt. So ist das Wort „Arbeitsplatz“ auch solchen bekannt, die nie arbeiten. Wer sich schnell informieren möchte, findet dies im Internet: Und somit die perfekte Fehlinformation. Wer gar in den Normen sucht, die die Arbeit betreffen, findet noch viel mehr Wunderliches.

Ob man über Betriebliches nachdenkt oder juristische Schritte einleiten möchte: Die Definition der ArbStättV ist immer maßgeblich. Diese lautet:
„§2 (4) Arbeitsplätze sind Bereiche, in denen Beschäftigte im Rahmen ihrer Arbeit tätig sind.“

Juristische Erklärungen zum alten und neuen Stand finden Sie z.B. hier. Es geht darum, dass man in der Praxis den „Arbeitsplatz“ über die Nutzungszeit definiert hat: „… gilt nur  für Arbeitsplätze , an denen Beschäftigte mindestens 2 Stunden täglich oder an mehr als 30 Tagen im Jahr tätig werden –“. Diese Einschränkung verstieß gegen das EU-Arbeitsschutzrecht. Sie musste korrigiert werden.

Anm.: Das Wort „Arbeitsplatz“ findet sich in 415 heute gültigen Gesetzen und Verordnungen. Von 61 Mal im Einkommensteuergesetz bis 1 Mal in der Festlandsockel-Bergverordnung. 

Software und Arbeitsschutz

Nicht wenige Fachleute sind überrascht, in der ArbStättV das Wort „Software“ zu lesen.  Was hat Software mit dem Arbeitsschutz zu tun? Überrascht sollte man allenfalls sein, diesbezügliche Anforderungen in der ArbStättV zu finden. Die regelt doch Gestaltung und Betrieb von Arbeitsstätten?

Die Auflösung des Rätsels ist einfach wie unverständlich. Deutschland muss die Bildschirmarbeitsrichtlinie der EU in deutsches Recht umsetzen. Dies geschah im ersten Schritt mit der BildscharbV (Bildschirmarbeitsverordnung) von 1996. Damals konnte man noch Büro- und Bildschirm-Arbeitsplätze unterscheiden. Dennoch war die Lösung nicht sinnvoll, hatte man in Deutschland schon 1980 Sicherheitsregeln erlassen, die davon ausgingen, dass über kurz oder lang alle Arbeitsplätze mit Bildschirmen ausgestattet würden. Dies ist nunmehr weitgehend erreicht. Daher wurde die BildscharbV in die ArbStättV integriert.

Die EU-Bildschirmrichtlinie enthält aber anders als andere Anforderungen an die Beschaffenheit der Arbeitsmittel (Software, Bildschirme, Tastaturen etc.). So kam es unbeabsichtigt dazu, dass man in der ArbStättV nicht nur Anforderungen an die Beschaffenheit von Software findet, sondern auch zu brisanten Themen der Arbeitsgestaltung wie

„(5) Eine Kontrolle der Arbeit hinsichtlich der qualitativen oder quantitativen Ergebnisse darf ohne Wissen der Beschäftigten nicht durchgeführt werden.

An der Anforderung kann man zwar nichts aussetzen, aber an der Platzierung. Ansonsten ist Software nachweislich stärker an psychischen Belastungen beteiligt als fast alle anderen Belastungsfaktoren. Ihre Berücksichtigung muss gemäß ArbSchG §4 grundsätzlich erfolgen: „Der Arbeitgeber hat bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes von folgenden allgemeinen Grundsätzen auszugehen: … 4. Maßnahmen sind mit dem Ziel zu planen, Technik, Arbeitsorganisation, sonstige Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen und Einfluß der Umwelt auf den Arbeitsplatz sachgerecht zu verknüpfen; …“